Chupica, 10 Jahre aus Mosambik


 

Traumberuf: Lehrerin

Mit dem Lesen kämpft sie noch, aber schreiben tut die zehn-jährige Chupica Marco für ihr Leben gern. Das bestätigt auch ihre Lehrerin Sandra Bulaumde. Und Sport gefällt dem Mädchen. Dass ihre Grundschule in Cachembe, einem Dorf in der mosambikanischen Provinz Tete, keinen Ball hat, stört Chupica nicht weiter, „Hauptsache, ich kann laufen. Ich laufe schneller als die Jungen“, erzählt sie stolz. Trotzdem will sie keine Sportlerin werden, wie ihre Landsmännin, die Weltklasse-Läuferin Lurdes Mutola, sondern Lehrerin.

Ihre Großmutter Marta Siawalha ist schon froh, dass Chupica vorerst weiter zur Schule gehen kann. Denn die Witwe hat große Schwierigkeiten, Chupica und deren jüngeren Bruder allein durchzubringen. Sie ist auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen und kann nicht die Einschreibgebühr für die Schule von gut einem Euro bezahlen. Mit Hilfe der Organisation HelpAge konnte die Familie aber eine Armutsbescheinigung beantragen und von der Zahlung befreit werden. Außerdem stellt HelpAge mit Unterstützung von UNICEF Chupica und anderen besonders bedürftigen Kindern Hefte und Stifte zur Verfügung.

Chupica ist Vollwaise. Ihr Vater ist noch vor ihrer Geburt gegen Ende des Bürgerkriegs in Mosambik 1992 umgekommen, ihre Mutter ist drei Jahre später gestorben. Woran, darüber schweigt die Großmutter. In dem 3.000-Seelen-Dorf Cachembe leben derzeit 409 Waisen mit ihren Großeltern zusammen. Sehr viele dieser Kinder haben ihre Mutter oder beide Eltern durch Aids verloren. Die Provinz Tete, im Korridor zwischen Simbabwe, Sambia und Malawi, liegt mit einer HIV-Ansteckungsrate von 17 Prozent deutlich über dem Landesdurchschnitt von 13 Prozent. Vor diesem Hintergrund trifft die seit zwei Jahren herrschende Trockenheit die Menschen besonders hart.

Die Bewohner in Cachembe kommen ins Grübeln, wenn sie nach dem letzten Regen gefragt werden und einigen sich dann auf März. Das war aber für die letzte Ernte im April/Mai zu spät. Unter den Bedingungen der Dürre ist es schon für Familien mit einer gesunden Elterngeneration schwierig,  den Feldern genug abzuringen. Für Haushalte, in denen Kinder mit ihren Großeltern oder sogar ohne Erwachsene leben, hat sich die Situation in den vergangenen beiden Jahren dramatisch verschlimmert.

Während Chupica wie eine gelernte Köchin im Kochtopf über der Feuerstelle vor ihrer Hütte rührt, erzählt sie von ihrem Tagesablauf: Neben der Schule muss sie Wasser und Holz holen, Kochen, Spülen und das familieneigene Feld, die Machamba, bestellen. „Zum Brunnen ist es nicht weit, aber zum Holz holen bin ich eine Stunde unterwegs“, sagt das Mädchen. Ihre Großmutter, die ihr Alter nicht kennt, bestätigt, dass sie es nicht mehr schafft, wie früher Mais anzubauen. In Cachembe sind mehr als die Hälfte der Haushalte auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Insgesamt benötigen in Mosambik rund 650.000 Menschen die regelmäßigen Hilfslieferungen.

Die Dürre und die Aids-Epidemie treffen ein Land, in dem 70 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze von 40 US-Cents am Tag leben. Über 40 Prozent der mosambikanischen Kinder unter fünf Jahren sind chronisch mangelernährt. Schätzungsweise 300.000 Kinder haben bereits einen oder beide Elternteile durch Aids verloren. Viele dieser Waisen können nicht zur Schule gehen, weil sie auf den Feldern arbeiten müssen oder weil niemand da ist, der sich um den Schulbesuch kümmert.

Seit Beginn ihres Engagements im Bezirk Changara vor zwei Jahren hat HelpAge bereits 982 besonders gefährdete Kinder wieder in die Schule integriert. Mit Unterstützung von UNICEF wurden in dem Bezirk, zu dem auch Cachembe gehört, zudem 50 Freiwillige fortgebildet, damit sie Familien in Not identifizieren und möglichst viele Kinder davor bewahren, die Schule abzubrechen.

Nur 60 Prozent der schulpflichtigen Kinder in Mosambik werden überhaupt eingeschult und nur ein Teil von ihnen schafft den ersten Grundschulabschluss nach der fünften Klasse. Chupica hat also noch Glück gehabt, dass sie bisher in der Schule bleiben konnte. Mit etwas Geduld wird sie neben ihrer Muttersprache Nhungue auch noch die offizielle Unterrichtssprache Portugiesisch lernen. So kann sie vielleicht eines Tages ihren Traum verwirklichen und selbst Lehrerin werden. Wenn sie sich den langen Atem einer Läuferin erhält und weiterhin genug Unterstützung bekommt.

So hilft UNICEF in Mosambik

UNICEF sorgt dafür, dass die Waisen in Mosambik weiter zur Schule gehen können. In den von Aids und Dürre heimgesuchten Gebieten organisiert UNICEF zudem

- eine systematische Überprüfung des Ernährungszustandes und Verteilung von angereicherter Zusatznahrung,
  um lebensbedrohliche akute Mangelernährung zu vermeiden;

- Brunnenbau und -sanierung, um den Zugang zu sicherem Trinkwasser zu verbessern. So wird die Gefahr von
  Durchfallerkrankungen verringert, und insbesondere Mädchen verlieren weniger Zeit beim Wasser holen;

- Impfkampagnen und die Ausgabe von Vitamin A, um Epidemien wie Masern zu verhindern und die geschwächten Kinder vor
  anderen Krankheiten zu schützen;

- die Betreuung von HIV-Infizierten und Aidskranken und deren Familien sowie breit angelegte Aids-Aufklärungskampagnen.

So können Sie helfen:

Für 16 Euro kann UNICEF ein Kind ein Jahr lang mit Schulmaterial versorgen.

Für 50 Euro kann UNICEF ein Fahrrad anschaffen, mit dem die freiwilligen Gemeindehelfer auch abgelegene Gegenden erreichen können, um die Waisen zu identifizieren und Unterstützung zu organisieren. Kerstin Reisdorf