Lakshmi, 6 Jahre aus Indien

Sklaven der Baumwollfelder

Im indischen Bundesstaat Andhra Pradesh arbeiten rund 200.000 Kinder in der Baumwollproduktion – oft bis zu elf Stunden am Tag. UNICEF ermöglicht den Familien, ihre Kinder zur Schule statt zur Arbeit zu schicken. Besonders die Mädchen profitieren.

Lakshmi Boya war erst sechs Jahre alt, als ihr Vater sie zum Arbeiten auf eine Baumwollfarm gab. Anhaltende Dürre und der Ausfall mehrerer Ernten hatten die Familie aus einem Dorf im südlichen Indien in große Not gebracht. Die Eltern mussten sich mehrmals Geld leihen. Lakshmi sollte nun helfen, die Schulden in Höhe von umgerechnet 75 Euro abzutragen. In Andhra Pradesh, dem Zentrum der indischen Baumwollindustrie, arbeiten viele Mädchen wie sie als so genannte Schuldknechte, oft unter sklavenähnlichen Bedingungen. Während der Hochsaison werben Zwischenhändler sogar Mädchen aus weit entfernten Dörfern an.

Mit ihren sechs Jahren lief Lakshmi jeden Morgen mehrere Kilometer zur Arbeit. Auf den Feldern ihres Arbeitgebers musste sie die Baumwoll-Saaten untereinander kreuzen – eine mühevolle und wegen der verwendeten Pestizide gefährliche Handarbeit. Das Mädchen arbeitete täglich zehn, elf Stunden auf dem Feld, unter sengender Sonne. Abends war Lakshmi oft so müde, dass sie ohne Abendessen einschlief.

Doch der Schuldenberg der Familie wurde kaum geringer. Ihr Vater suchte Zuflucht im Alkohol. Nachdem auch die nächste Ernte ausfiel, nahm er sich das Leben. Er trank Pflanzenschutzmittel: In den Baumwollregionen Indiens haben in den letzten Jahren immer öfter verarmte, verzweifelte Kleinbauern auf diese Art ihr Leben beendet. Lakshmis Mutter Shakuntalamma stand jetzt mit vier Kindern ganz allein da. Erst als sie von einem von UNICEF unterstützten Programm gegen ausbeuterische Kinderarbeit hörte, hatte sie wieder Hoffnung, etwas für ihre Kinder tun zu können. Heute ist ihre Tochter Lakshmi zwölf Jahre alt – und hat gerade eine wichtige Prüfung bestanden. Das Mädchen ist stolz auf seine neuen Schulbücher und möchte am liebsten selbst Lehrerin werden. Die UNICEF-Initiative in der Baumwollregion soll möglichst jedem Kind den Schulbesuch ermöglichen. UNICEF hilft deshalb in 100 Dörfern, die Schulen besser auszustatten und die Lehrer als Verbündete im Kampf gegen die ausbeuterischen und schlimmsten Formen der Kinderarbeit zu gewinnen. Kinder aus armen Familien erhalten kostenlos Bücher, Hefte, Stifte und Schuluniformen.

 

Damit die Familien langfristig auf die Mitarbeit ihrer Kinder verzichten können, hilft UNICEF bei der Gründung von Dorfkomitees. Besonders die Frauen suchen hier gemeinsam nach Möglichkeiten, um ihren Kindern den Unterricht zu ermöglichen. UNICEF unterstützt die Komiteemitglieder bei der Suche nach neuen Einkommensquellen. So informiert UNICEF die Frauen darüber, wie sie zinsgünstige Kleinkredite in Anspruch nehmen oder eine kleine Genossenschaft gründen können. Bei den Treffen erfahren viele Dorfbewohner zum ersten Mal, dass auch sie Rechte haben und sich bei Fällen von Ausbeutung wehren können.

 

„UNICEF hat Licht in meine Familie gebracht“, sagt einer der Väter, dessen Familie an dem Programm teilnahm. „Meine Tochter kann zur Schule gehen – und ich bin sehr stolz auf sie!“ Bue

 

Unicef Nachrichten Nr. 3/2007